Der Wechsel von Systemkamera zur Point-and-Shoot
Aber die Größe und das Gewicht meines Kamerasetups war nicht der Hauptgrund für den Wechsel. Der Grund ist, dass ich, wenn ich Menschen auf der Straße fotografiere, ich lieber ehrliche, natürliche und “unbefangene” Momente haben möchte. Ich möchte nicht, dass die Menschen in meiner Nähe das Gefühl haben, dass eine Kamera in der Nähe ist und ihr Verhalten in irgendeiner Weise verändern. Ich nenne dies “die Szene verletzen”. Wenn Fotografen zu viel an einem Ort herumhängen oder zwei größere Kameras haben oder ihr Verhalten die Handlungen der Leute in der Szene verändert, bekommt man irgendwie keine ehrlichen Momente mehr von den Leuten. Also habe ich heutzutage, wenn ich unterwegs bin und fotografiere, ein minimalistisches Setup, das buchstäblich in jede Tasche passt. So kompakt und unauffällig, dass ich mich leicht bewegen kann, frei schießen kann und im Hintergrund bleibe und diese unbefangenen Momente einfange.
Der erste Schritt zum minimalistischen Kamerasetup: die passende Kamera
Der Schlüssel hierfür ist die Kamera, die ich nutze: Eine Point-and-Shoot-Kamera, die kleine Ricoh GRIII.
Warum wechsle ich für Street Fotografie von einer Olympus E-M1 Mark2 zu einer Point-and-Shoot-Kamera? Diese Frage kommt sicher bei dir auf, wenn du das liest.
Die kurze Antwort ist, dass diese Kamera absolut großartig für mich funktioniert und sie ab dem Augenblick, da ich sie besaß, meine Straßenfotografie vollständig übernommen hat.
Eine Sache, die ich an Ricoh als Hersteller sehr schätze, ist die Tatsache, dass sie in ihrem Marketingmaterial sehr ehrlich und fast schon zurückhaltend sind. Denn viele andere Kamerahersteller auf dem Markt versuchen, Kameras wie Schweizer Taschenmesser zu produzieren, die ein bisschen von allem können. Canon bewirbt seine aktuellen (kompakteren) Kameramodelle als solche: Sehr geeignet für Studiofotografie und ambitionierte Street-, Dokumentar- und sogar Foodfotografie. Aber auch für Content Creation, zum Vloggen (hier wird also auch noch die Videofunktion beworben) und dergleichen soll ein Modell gut sein.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Wäre diese Kamera ein Küchenmesser, würde Canon sie also zum Schneiden von Obst und Gemüse, für Brot und zum Filetieren von Fleisch empfehlen. Außerdem sei das Messer super, um filigrane, künstlerische Schnitzarbeiten an Obst und Gemüse zu machen.
Und Ricoh? Nunja… Sie sagen, dass die GR3 das Gegenteil davon ist. Um obiges Beispiel aufzunehmen: Wenn du ein Stück Obst schneiden willst, ist das genau das richtige Messer für dich, aber du wirst damit kein Brot schneiden wollen oder Fleisch filetieren – Dafür gibt es andere Messer.
Argumentativ eine Punktlandung! Du musst also deine Hausaufgaben machen und herausfinden, was deine Bedürfnisse sind und entscheiden, welche Kamera die richtige für dich und dein Vorhaben ist.
Umstellung auf die Ricoh GRIII
Zurück zur Ricoh GRIII: Das 18-Millimeter-Objektiv auf dem Crop-Sensor (APS-C) entspricht etwa 28-Millimeter im Vollformat. Als ich die Kamera gekauft habe, war das eine kleine – inzwischen vollkommen entkräftete – Sorge: eine Brennweite von 28mm ist weitwinkliger, als ich bisher gerne fotografiere – auf der Straße war ich immer bei 35-Millimeter. Ich wusste aber, dass mir der 24 Megapixel große Sensor der GRIII ein wenig Spielraum verschafft.
Bei Bedarf kann ich in der Nachbearbeitung einen kleinen Ausschnitt wählen – vielleicht auch nur 5 % hier oder dort wegschneiden. Denn wenn ich beim Fotografieren nicht in die richtige Position komme, oder wenn sich ein paar Elemente bewegen, mache ich gerne trotzdem die Aufnahme. Ist sie etwas breiter und weitwinkliger, weiß ich, dass ich die Komposition danach noch straffen kann. Wenn ich aber mit einer längeren Brennweite zu nah dran bin und etwas aus dem Rahmen fällt, kann ich es nicht mehr zurückholen, weil es schlicht nicht mehr auf dem Bild ist.
Ehrlich gesagt ertappe ich mich heutzutage immer öfter dabei, dass ich nicht mal mehr zuschneide, weil ich mich daran gewöhnt habe, in “28mm zu sehen”. Ich bin wirklich beeindruckt von der Bildqualität dieser kleinen Kamera. Es sind einige der schärfsten Bilder, die ich je mit einer Kamera gemacht habe. Und die Farben – besonders in den RAW-Daten – sind sehr neutral, natürlich und lebensecht und passen mir sehr gut.
Zwar fotografiere ich überwiegend schwarz-weiß, aber auch dort ist die Ricoh GR3 für mich ideal.